Weinland

Ein Tandem fürs Leben

Zusammengeführt hat Nadine Wipf und Manijeh Kamran das Projekt «come together» vom Schweizerischen Roten Kreuz. Verbinden tut sie mittlerweile eine ausgeprägte Freundschaft, von der beide profitieren können.

von Jasmine Beetschen
16. August 2022

Nadine Wipf und Manijeh Kamran sitzen im Stadtpark in Winterthur. Sie lachen viel, stupsen sich an und sprechen über Alltagsfreuden wie auch Herausforderungen. Die beiden wirken wie zwei alte Freundinnen, doch kennen tun sie sich erst seit drei Monaten. Gewöhnliche Freundinnen sind sie nicht, denn zusammengebracht hat sie das «Come together»-Projekt vom Schweizerischen Roten Kreuz Kanton Zürich (SRK Zürich).

Dabei treffen sich eine geflüchtete Person oder Familie und jemand, der oder die in der Region Andelfingen und Winterthur wohnt und sich auskennt, über eine bestimmte Zeit. Die Tandems verbringen regelmässig die Freizeit miteinander. «Geflüchtete lernen so ihre Wohnumgebung besser kennen, knüpfen unkompliziert Kontakte zu Menschen in ihrer Region und verbessern gleichzeitig ihre Sprachkenntnisse», schreibt Anita Ruchti, Kommunikationsverantwortliche beim SRK Kanton Zürich.

«Bei der Anmeldung mussten wir unsere Interessen und Hobbys angeben», erzählt Nadine Wipf, die AZ-Leser vielleicht noch als Weinländer Läuferin kennen (AZ vom 22.3.2022). «Nach kurzer Zeit erhielten wir die Nachricht, dass wir einen ‹Match› haben.» Und besser hätte es nicht passen können: «Jemanden zu finden, der sich für dieselben Hobbys interessiert, ähnliche Meinungen vertritt und dann auch noch denselben Humor hat, ist definitiv ein Glück», meint Manijeh Kamran.

Interkultureller Austausch
Die 23-Jährige, die ursprünglich aus Afghanistan kommt, meldete sich beim Projekt an, um ihre Sprachkenntnisse zu verbessern. Seit gut einem Jahr lebt sie in der Schweiz und konnte ein Praktikum als Hotelfachfrau beginnen. «Da kann ich viele Erfahrungen sammeln, die ich für meine weitere berufliche Zukunft brauchen kann. Da die Schweiz aber ein – wie Nadine es nennt – ‹Papierliland› ist, muss ich etwas Geduld haben», erzählt Manijeh Kamran.

Seit sechs Monaten besucht sie fünfmal pro Woche einen Deutschkurs der Migros Klubschule. «Ein paar schweizerdeutsche Ausdrücke habe ich auch schon gelernt, aber die sitzen noch nicht so gut», ergänzt sie lachend. «Aber ab und zu haust du schon mal ein Mundartwort heraus», wirft Nadine Wipf ein. «Das überrascht mich dann immer sehr positiv.»

An ihrem Wohnort in Winterthur hat sich Manijeh Kamran bereits ein Netzwerk aufgebaut. Mit Nadine Wipf ist dieses um eine Person aus Kleinandelfingen gewachsen. Für die 26-Jährige Weinländerin waren es das Interesse an verschiedenen Kulturen und der Austausch mit Menschen mit anderen Hintergründen und Geschichten, die sie von der Teilnahme am Projekt überzeugten. «Das Integrative finde ich mega cool, und wir können beide sehr voneinander profitieren», sagt sie.

Ideen gehen nicht aus
Die beiden treffen sich mindestens einmal pro Woche. Dabei bringt jede ihre eigenen Vorschläge für Unternehmungen mit. Die Frauen machen gemeinsame Ausflüge, besuchten schon den Goldenberg oder ein Weinländer Erdbeerfeld, schlenderten durch Winterthur oder sitzen einfach in ein Café und sprechen über Alltägliches.

Dass sie grösstenteils die gleichen Interessen teilen, helfe sehr und motiviere, sich für das Projekt einzusetzen, erklärt Manijeh Kamran. Das Zürcher Rote Kreuz gebe zudem Tipps für Unternehmungen oder Ausflüge für Tandem-Paare. Das bräuchten die beiden aber gar nicht: «Uns fällt immer etwas ein, was wir zusammen machen können», meint Nadine Wipf lachend.

Neben gemeinsamen Unternehmungen sei es auch das Ziel des Projekts, als Einheimische bei Fragen da zu sein, die zum Beispiel das Schweizer System und seine Abläufe betreffen. «Als Tandem bist du aber nicht da, um Probleme zu lösen, wohl aber, um zusammen Lösungen zu finden», erklärt Nadine Wipf. Man übernehme sozusagen eine Vermittlerrolle und stehe dem Gegenüber freundschaftlich beratend zur Seite.

Eine grosse Bereicherung
Das Tandem besteht offiziell während sechs Monaten. Während dieser Zeit bleibt es in Kontakt mit dem Zürcher Roten Kreuz. Die Organisation sucht aktuell weitere Freiwillige aus der Region, die beim Projekt mitmachen möchten. «Es ist so eine tolle Sache, es wäre schön, wenn mehr Leute mitmachen würden», findet Nadine Wipf. Dabei müsse man auch keine Bedenken bezüglich der Treffen haben. Diese laufen meist wie von alleine, Druck gebe es dabei keinen, so Nadine Wipf. «Es ist eine grosse Bereicherung», meint auch Manijeh Kamran. «Wir können beide von den Erfahrungen und Gedanken des anderen profitieren.»

Ob sie sich auch nach Ablauf der Tandem-Zeit weiterhin treffen werden? Die beiden schauen sich an und bejahen bestimmt. «Ich freue mich sehr, dass ich dank des Projekts nicht nur meine Sprachkenntnisse aufbessern kann, sondern auch eine sehr gute Freundin gewonnen habe», sagt Manijeh Kamran.

Am Donnerstag, 25. August, um 18 Uhr findet für Freiwillige eine Online-Infoveranstaltung statt. Anmelden kann man sich direkt auf der Website.

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