Weinland

Hopfenernte ist in vollem Gang

Etwas früher als üblich läuft auf dem Hopfengut die Ernte. Für den Anbau und das Gewinnen der bitteren Blüten brauchen die Landwirte zahlreiche spezialisierte Geräte und Räume.

von Silvia Müller
11. September 2020

1949 hat Stefan Ulrichs Vater Reinhard begonnen, für die Hürlimann Brauerei Hopfen anzubauen. Sechs Jahre später stellte er von der Handernte auf eine Pflückmaschine um. Trotzdem brauchte es für die Hopfenernte bis in die 90er-Jahre noch acht Personen, vier auf dem Feld und vier in der Scheune zum Säubern und Trocknen.

Sohn Stefan Ulrich produziert noch heute für Schweizer Brauereien. Doch dank spezialisierten Maschinen kann die Ernte heute zu dritt bewältigt werden. Er selbst fährt jede Stunde mit dem Traktor aufs Feld und bringt dem Mitarbeiter an der Säuberungsmaschine eine frisch geschnittene Wagenladung Ranken. Dieser spannt sie in die Kette der grossen Maschine ein, wo die Hopfendolden abgerissen werden und aufs Förderband Richtung Trocknungsanlage gelangen. Eine Mitarbeiterin kontrolliert, ob wirklich alle Stängel und Blätter entfernt sind.

Die Dolden gelangen übers Förderband ins Nebengebäude, das extra dafür erstellt worden ist. Dort bedient Stefan Ulrich nach dem Abladen der Ranken den überdimensionierten Dörrex mit drei Gitterlagen à je 16 Quadratmeter. Die Dolden werden sofort getrocknet. Nach dem Auskühlen werden sie durch Öffnungen im Boden in den unteren Stock zur Presse geschüttet und in Quaderballen von 50 bis 60 Kilogramm gepresst und verpackt.

Die Schweizer Brauereien brauchen den Hopfen in aufgearbeiteter Form, als Pellets. Für diese Weiterverarbeitung sendet Stefan Ulrich seine Ernte per Lastwagen ins grösste deutsche Hopfenanbaugebiet in Bayern. Dort wird der Hopfen fein gemahlen, die Bitterstoffe standardisiert und zu kleinen Pellets gepresst.

Keine realistische Neuinvestition

Das Hopfengut hat 2,9 Hektaren Hopfen – das klingt nicht gerade nach viel, doch in der gesamten Schweiz sind es nur noch 17 Hektaren. Die Schweizer Brauereien kaufen 85 Prozent des benötigten Hopfens im Ausland ein.

Sein Herz hänge an diesem Nischenprodukt, mit dem er aufgewachsen sei, sagt der Landwirt. Seine Anlage auf dem Hopfengut könnte locker doppelt so viel bewältigen, doch der von den Brauereien gebotene Preis stimme nicht mehr. Als sein Vater die teuren Anlagen gebaut habe, habe Hopfen noch doppelt so viel eingebracht – heute einen Hopfenanbau von Grund auf aufzubauen, wäre finanziell wohl nicht realistisch. «Die Gefahr ist deshalb gross, dass dieses Know-how in der Schweiz ganz vergessen geht, wenn die wenigen verbliebenen Betriebe den Hopfen aufgeben.» Weil Hopfenfelder das Landschaftsbild prägen, würde das Stammertal auch optisch etwas Einzigartiges verlieren.

Geschmack und Antibiotikum

Neben dem Hof wachsen aus zweitausend Stöcken 4000 Ranken 6,5 Meter hoch in die Luft. Jede Staude liefert ein halbes Kilo trockene Blüten. Zehn Tage dauert die Ernte. Dieses Jahr sehe die Qualität gut aus, sagt Stefan Ulrich. Hitze liebt der Hopfen zwar nicht – in der Natur ist die Schlingpflanze den Schatten der Bäume gewohnt, an der sie sich emporrankt. Doch Trockenheit macht ihr nichts aus, die Wurzeln gehen sehr tief. Der Landwirt zerreibt eine gedörrte Blüte. Sie fühlt sich leicht klebrig an von den ätherischen Ölen, die auch die Bitterstoffe enthalten. Hopfen wird fast nur in der Bierproduktion und zu einem sehr geringen Teil als Medizinalprodukt verwendet. Er verleiht dem Bier die charakteristische Bitternote und eine stabilere Schaumkrone. Zudem wirkt er leicht antibiotisch und verlängert so die Haltbarkeit des Getränks.

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