Weinland

«Ich trage meine Tracht mit Stolz»

Elena Frei trägt seit ihrem 6. Lebensjahr zu besonderen Gelegenheiten eine Tracht. Auch das Jodeln gehört zu ihren Hobbys. Obwohl beides nicht wirklich zusammengehört, verbindet sie es miteinander.

von Christina Schaffner
07. April 2021

Für junge Menschen ist es in unserer Region nicht selbstverständlich, bei besonderen Gelegenheiten eine Tracht zu tragen. Für Elena Frei aber schon – seit ihrem 6. Lebensjahr. Kurz vor diesem Geburtstag kaufte sich ihre Mutter eine Tracht, und für das damals noch kleine Mädchen stand ab da fest: So eine will ich auch. Die bekam sie dann auch zum Wiegenfest und ging das erste Mal damit aus dem Haus, als der Schulfotograf kam. Damals ging sie in den Kindergarten und zog «ihr schönstes Kleid an», wie die Kindergärtnerin es sich wünschte.

Heute ist sie eine junge Frau von fast 18 Jahren. Während ihrer Unterstufen- und Mittelstufenzeit zog sie es durch, vom Schulfotografen so abgelichtet zu werden. Im Dorf ist sie dafür bekannt, wenn auch nicht von allen dafür geachtet. «Gasch a d’Fasnacht?», sei nur eine der Aussagen, die sie sich von anderen Kindern anhören musste. «Um mich in der Oberstufe zu schützen, habe ich dort auf die Tracht verzichtet», erzählt sie rückblickend. Heute bereue sie, dass sie die Tracht nicht bei der Abschlussfeier getragen habe. Beim Lehrabschluss nächstes Jahr hat sich die angehende Bäckerin/Konditorin das aber fest vorgenommen. Ihre Chefs fanden es toll, dass sie im vorletzten Jahr beim Herbstfest in Flaach am Stand des Betriebs mit der Tracht vorbeischaute, und sie werden dies sicher auch beim Abschlussfest unterstützen.

«Du musst einstecken können»
Sich in der Öffentlichkeit mit Tracht zu zeigen, sei zweischneidig. «Fremde reagieren positiv, wenn sie mich in Tracht sehen und fragen nach», erzählt Elena Frei. «Aber hier, wo mich alle kennen, sind die Reaktionen eher negativ.» Das fände sie schade. «Du musst etwas einstecken können», weiss ihre Mutter Bea Frei deshalb aus Erfahrung. «Wenn du nicht dem Mainstream folgst, bist du ein Aussenseiter», und fügt an: «Ich bin stolz auf Elena.»

Deshalb schenkte sie ihrer Tochter auch zur Konfirmation die gewünschte Weinländer Festtagstracht. Vom Götti bekam sie dazu eine besondere Brosche. Von anderen Kindern und Jugendlichen erleben beide, dass sie nur zu Auftritten die Tracht tragen und sich danach schnell umziehen. Um die Tracht oft tragen zu können, begann Elena Frei mit sieben Jahren, bei den Wylandmeisli mitzusingen. «Wir dachten, das sei die Kinder-Trachtengruppe», lacht sie, «aber das war nicht so.» Vier Jahre war sie Mitglied des Chors, aber: «Immer mehr Auftritte fanden im T-Shirt statt, das fand ich blöd.» Als sie dann den Kinder-Jodelchor Wylandsterne aus Dinhard sah, stand für sie fest: «Das ist mein Chor!»

Jodeln und Tracht
Ihren ersten Auftritt mit ihm hatte sie am Eidgenössischem Jodlerfest 2014 in Davos. In diesem Chor singt sie bis heute mit, auch wenn sie vom Alter her zu den Erwachsenen wechseln könnte. Dies sei für sie aber schwierig, da sie als Bäckerlehrling mit Dienstbeginn mitten in der Nacht nicht erst abends zur Probe gehen könne.

Für Elena Frei ist der Chor eine gute Verbindung beider Hobbys. Nicht so für die Dachverbände: «Tracht und Jodeln gehören zwar irgendwie zusammen, sind aber klar getrennt», sagt sie. Sie habe schon erlebt, dass beide Verbände wichtige nationale Treffen am gleichen Tag durchführten und sie sich entscheiden musste, zu welchem sie gehe. Elena Frei macht bei beiden Verbänden mit, nimmt mit ihrer Mutter alle drei Jahre an der Brauchtumswoche der Schweizer Trachtenvereinigung und am Jugendchorlager des Eidgenössischen Jodelverbands teil.

Dann erlebt sie das, was ihr am Brauchtum so gefällt: Die Zusammengehörigkeit, das Familiäre. «Da siehst du, dass du nicht die Einzige bist», sagt Elena Frei – auch wenn die meisten anderen aus anderen Regionen wie Bern oder St. Gallen kommen. Zürcher seien eher selten zu finden, auch wenn sie Einzelne aus der Gegend kenne, die wie sie Tracht tragen und traditionelle Schweizer Musik mögen. Seit einiger Zeit ist Elena Frei auch Einzelmitglied bei der Trachtenvereinigung – die Jüngste im Kanton Zürich, möglicherweise auch in der ganzen Schweiz. Doch das macht ihr nichts. «Ich trage meine Tracht mit Stolz», sagt sie, nicht zum Einkaufen, aber zu besonderen Gelegenheiten wie ihrer Konfirmation, dem jährlichen Tag der Tracht am 6. Juni, dem Sechseläuten-Umzug oder auch mal bei einem Besuch an der Olma.

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