Weinland

Ist Pausenmilch noch zeitgemäss?

Am Donnerstag ist der von Swissmilk einmal im Jahr lancierte Tag der Pausenmilch. Schweizweit wird Kindern in vielen Schulen vor allem von Landfrauen ein Becher Milch ausgeschenkt. Die Kritik daran nimmt aber zu.

von Christina Schaffner
01. November 2022

Pausenmilch hat eine lange Tradition. Bereits seit den 1930er-Jahren wird sie an Schulen ausgeschenkt. Während der Kriegsjahre vor allem, um der Mangel­ernährung bei Kindern entgegenzuwirken. Später änderte sich die Argumentation der Milchproduzenten dahingehend, dass Milch einer Fehlernährung entgegenwirke. Das sagte der noch bis April 2023 amtierende Präsident der Schweizer Milchproduzenten (SMP) und Gemeindepräsident von Buchberg, Hanspeter Kern, im Jahr 2015 zum Thema Pausenmilch gegenüber der «Andelfinger Zeitung» (AZ vom 3.11.2015).

2001 lancierte der SMP den «Tag der Pausenmilch», der jeweils Anfang November stattfindet und von ihm komplett finanziert wird. Damit will er für eine gesunde Ernährung mit täglich drei Anteilen Milch werben. Diese können zum Beispiel durch ein Glas Milch, ein Joghurt und ein Stück Käse abgedeckt werden. Der SMP führt den Tag zusammen mit dem Schweizerischen Bäuerinnen- und Landfrauenverband durch, der fast überall das Ausschenken der Milch übernimmt.

Weniger Pausenmilch als frĂĽher
In Spitzenzeiten wie dem Jahr 2013 erhielten bis zu 360'000 Kinder schweizweit einen Becher Pausenmilch. Der Trend ist aber rückläufig: Die aktuellste Pressemitteilung des SMP von Ende Oktober zu diesem Anlass nennt aktuell 260'000 Portionen Milch. Diese Zahl basiert auf den von Landfrauen, Schulen oder anderen Einrichtungen angeforderten Milchgutscheinen und Material zum Tag der Pausenmilch.

«Die Zahlen steigen wieder», gibt sich Sazpinar Fidan-Ezgi zuversichtlich, die beim SMP als Projektleiterin Schulen und Kita für diesen Tag zuständig ist. Die Anmeldezahlen seien während der Pandemie leicht gesunken, erklärt sie. Der Tag der Pausenmilch konnte vielfach nur mit einem guten Schutzkonzept durchgeführt werden, wie ein Bericht aus dem Jahr 2020 zeigte (AZ vom 6.11.2020).

Ob die rückläufigen Zahlen nur auf die Pandemie zurückzuführen sind, ist zweifelhaft. Seit 2019 tauchen vermehrt Berichte auf, nach denen Schulen wie die in Wallisellen nach 20 Jahren den Tag gestrichen haben. Das Sponsoring erachtete der Verband der Schulleiter in Wallisellen als kritisch, die Milch als Pausenverpflegung fragwürdig, war im «Schweizer Bauern» Ende Oktober 2019 zu lesen.

Kritik an Milchwerbung
Im letzten Jahr titelte SRF-Kultur ebenfalls «Machts die Milch noch?» und kritisierte die Milch-Werbeaktion. Heute sei das Thema nicht mehr so unumstritten wie im letzten Jahrhundert, als Milch als Grundnahrungsmittel galt. Die Propaganda dafür sollte vom Softdrink-Konsum abhalten. Heute, so weitere Kritik, sei die Milchindustrie alles andere als tierfreundlich, pflanzliche Alternativen seien zu bevorzugen. Letzteres ist für den SMP keine Option: «Soja-, Hafer-, Mandel- oder Reisgetränke sind keine Alternative zu Milch, denn sie haben eine andere Nährstoffzusammensetzung», so das Argumentationspapier auf der Website. Vitamine und Mineralien würden zugesetzt, zudem seien sie gesüsst, gesalzen und enthielten Aromen und Verdickungsmittel.

Weniger Pausenmilch im Bezirk
Forderungen von Schulen, auch Pflanzenmilch auszuschenken, hören auch die Landfrauen im Bezirk Andelfingen, wie deren Präsidentin Susanne Schär sagt. Kritisch werde zudem gesehen, dass die Milch gesüsst als Milchshake ausgeteilt wird, was nicht gesund sei. Einzelne Schulen hätten den Tag der Pausenmilch deshalb in den letzten Jahren abgelehnt. Die gesüsste Milch ist dagegen für Landfrauen, die vielfach selbst als Bäuerinnen Milch auf ihren Höfen produzieren, kein Problem. «Der Anlass ist einmal im Jahr», so Susanne Schär. Ein Becher gesüsste Milch falle da nicht so ins Gewicht und sei bei den Kindern viel gefragter. Der SMP wünscht allerdings, pure Milch zu verteilen. Wenn Shakes, dann mit Erdbeer- oder Ovi-Geschmack. Vanille wurde wegen des höheren Zuckergehalts aus dem Programm genommen.

Nicht alle Schulen machen mit
«Die Landfrauen müssen immer öfter Bittibätti machen, um die Milch noch verteilen zu dürfen», bekommt Susanne Schär von Kolleginnen zu hören. Dies sei aber leider kein neues Phänomen. Bereits vor Jahren machte sie diese Erfahrung, als sie sich intensiv um das Thema kümmerte. Manchmal behage den Schulen der festgesetzte Termin nicht, manchmal sprächen andere Gründe dagegen. «Es ist ein heikles Thema. Pausenmilch ist nicht mehr zeitgemäss», so ihre Erfahrung. Schade findet sie, dass immer mehr Schulen Nein zu den Anfragen sagen.

Einzelne Frauen setzen deshalb auf Sonderformen, verteilen Milch in anderen Zusammenhängen oder an anderen Tagen. Im Weinland wird am Donnerstag an allen Schulen im Flaachtal und in Stammheim, zudem in Benken, Adlikon und Flurlingen, Pausenmilch verteilt. Andelfingen ist eine Gemeinde, wo dies in anderer Form erfolgt. Marthalen, Rheinau und weitere Gemeinden machen nicht mehr mit.

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