Weinland

Schwertkämpfer vor dem Altersheim

Eine besondere Show wurde am Samstagnachmittag den Altersheimbewohnern geboten: Die «Säbelrassler» hielten im Garten eine Trainingseinheit ab. Gekämpft wurde mit Langschwert und Säbel.

von Christina Schaffner
16. April 2024

«Wir haben alte Waffen, aber eine moderne Schutzausrüstung», erklärte André Gschwend, Mitglied der «Säbelrassler» und Gemeinderat in Berg am Irchel, den Zuschauern im Garten des Alterswohnheims. Diese sassen in Rollstühlen oder mit Rollatoren vor sich um die «Kampfarena» herum. Andere schauten aus sicherer Entfernung von der Terrasse oder dem Balkon aus zu.

André Gschwend, der seit gut einem Jahr bei den «Säbelrasslern» dabei ist und auch in der Zweckverbandskommission des Alterswohnheims sitzt, hatte die Idee zu dieser speziellen Begegnung. Bei Heimleiter Benoît Fleisch sowie Kommissionspräsident Daniel Sieber stiess er damit auf offene Oh­ren – Letzterer kam, um zuzuschauen. Spontane Zuschauer, die zufällig vorbeikamen, fanden sich ebenfalls schnell ein.

Kampf nur mit Schutzkleidung
Nach einer Aufwärmrunde, in der Bewegungsabläufe mit dem Langschwert geübt wurden, standen sechs Kämpfer in voller Schutzmontur bereit und traten jeweils im Zweikampf gegeneinander an. Mit dabei war Trainer Ferdi Hutter, der seit seiner Kindheit verschiedene Kampfsportarten ausübt. Damit die Seniorinnen und Senioren dem Geschehen folgen konnten, wies er die Kämpfer an, langsamere Bewegungen auszuführen. Sobald einer der beiden getroffen wurde, war die nächste Paarung dran. Alle gingen, trotz der beeindruckenden Waffen, sehr fair und rücksichtsvoll miteinander um.

«Es ist ein friedliches Kriegstum», fasste es André Gschwend knapp zusammen. Das gemeinsame Hobby vereine, Verletzungen seien selten und immer auf eigene Nachlässigkeiten zurückzuführen, ergänzte Trainer Ferdi Hutter. Etwa, wenn Teile der Schutzausrüstung nicht korrekt getragen würden. Aber es gebe in dieser jungen Sportart auch Turniere, die unter HEMA (Historic European Martial Art / Historische Europäische Kampfkunst) zusammengefasst würden. Seit 2004 zähle sie als Schweizer Sportart, seit 2015 erlebe sie einen Aufschwung, so Ferdi Hutter, der der Schweizer Nationalmannschaft angehört und mehrfach Schweizer Meister wurde. Inzwischen gebe es rund 500 Kämpfer in 16 Vereinen.

An diesem sonnigen Samstagnachmittag waren vor allem Anfänger dabei. Sie werden von Anfang an ins Training eingebunden, das sonst in Winterthur stattfindet. Nach einem Jahr könnten sie in der Regel gut mithalten, meinte der 44-jährige Ferdi Hutter. Gekämpft wurde auf diese Art im Mittelalter. Damals wurden mit dem Langschwert weniger gut mit Schutzausrüstungen ausgestattete Kämpfer leicht niedergemetzelt. Seit etwa 1500 werde es als Sport betrachtet – seit die Armbrust aufkam und bisherige Waffen und Schutzausrüstungen nicht mehr viel wert waren, wie André Gschwend dem Kommissionspräsidenten Daniel Sieber erklärte.

Alte Waffen, aber stumpf
Gekämpft wird heute zwar mit Waffen, die den antiken Vorbildern nachgebaut wurden, die aber gleichzeitig «entschärft» wurden: Spitze und Klinge sind stumpf. Neben Langschwert und Säbel wird auch der Umgang mit Speer, Axt und Dolch geübt. Trotzdem ist es beeindruckend, wenn die Klingen aufeinandertreffen oder ein Kämpfer den anderen damit an Stellen berührt, die potenziell tödlich wären. Wie etwa am Hals, der mit einem Kragenschutz besonders gesichert ist.

Während Ferdi Hutter bereits als 5-Jähriger mit dem Schwert kämpfen wollte und sich die Techniken autodidaktisch beibrachte – es gibt nur sehr wenig alte Aufzeichnungen –, war André Gschwend auf der Suche nach etwas, das in unserer Gesellschaft für Männlichkeit steht. «In unserer Gesellschaft vermischt sich so vieles, da ist es für Männer schwierig, die eigene Position zu finden.» Der Schwertkampf sei für ihn eine Rückbesinnung auf frühere männliche Attribute. Aber in Winterthur können auch Frauen diesen Männersport erlernen. Bisher sind es allerdings nur wenige, die mit diesen schweren Waffen das Kämpfen erlernen wollen.

Der Zweikampf ist extrem anstrengend. Nach einer knappen Stunde Training unter der Schutzausrüstung waren die sechs Männer verschwitzt und müde. Den Bewohnenden war es grösstenteils ebenfalls zu heiss geworden und der Wunsch nach einem Kaffee mit Dessert im heimeigenen Café gross: Die Reihen im Garten hatten sich gelichtet. Nicht aber, ohne zuvor zu sagen, wie gut ihnen diese Abwechslung gefallen habe, was den Kämpfern ein Lächeln ins Gesicht zauberte.

www.saebelrassler.ch

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