Der «Andelfinger Zeitung» schreibt Interdiscount: «Sollte es zu einer Manipulation an einer Sendung kommen, bitten wir die betroffenen Kundinnen und Kunden, uns den Vorfall möglichst schnell zu melden. Gemeinsam mit dem Versanddienstleister prüfen wir den Fall und klären die Haftungsfrage.» Falls der Transporteur die Haftung ablehne, bitte Interdiscount die Kunden, polizeilich Anzeige zu erstatten, um die Angelegenheit weiterzuverfolgen.
In der Regel bleibe nicht Interdiscount auf den Schadenskosten sitzen: «Die Lieferung erfolgt auf Kosten und Gefahr des Kunden, wie in unseren Allgemeinen Geschäftsbedingungen festgehalten.» Interdiscount setze sich aber in jedem Fall dafür ein, die Kundinnen und Kunden «zu unterstützen, um die beste Lösung zu finden». Zumindest zwei Frauen aus Andelfingen haben das etwas anders erlebt.
Ist die Konzentration aufs Weinland ein Zufall, oder gab es hier noch mehr solche Diebstähle? DPD Schweiz bleibt unverbindlich: «Wir können keine Häufung solcher Vorfälle feststellen. Dennoch bedauern wir den geschilderten Einzelfall sehr. Wir nehmen Hinweise auf mögliche Unregelmässigkeiten in der Zustellkette ernst und arbeiten eng mit allen Partnern zusammen, um solche Fälle konsequent aufzuklären. Bei Verdachtsmomenten werden umgehend gezielte Massnahmen eingeleitet. Bei jährlich über 24 Millionen zugestellten Paketen liegt die Diebstahlquote im tiefen Promillebereich.»
Klingt seriös. Trotzdem ist es kein Trost für Betroffene, die erst dank Rechtsschutzversicherung oder Konsumentenschutz zu ihrem Recht kommen. Und die Moral von der Geschicht? Vor Online-Bestellungen kann es sich lohnen, vor dem Klicken die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu lesen und im Zweifelsfall beim Verkäufer die Haftungsfragen zu klären. Je nachdem könnte auch eine Transportversicherung viel Ärger ersparen – muss aber nicht, wie der Fall Götz beweist. (sm)
Déjà -vus sind normal im Redaktionsalltag: alle Jahre wieder Gemeindeversammlungen, Adventssingen, Miss Schöneuter auf dem Marktplatz … Dass einem aber zweimal kurz hintereinander der gleiche Krimi zu Ohren kommt, ist definitiv die Ausnahme. So geschehen, als Sarida Götz am Telefon ihre Leidensgeschichte mit der teuren Smartwatch erzählte: «Ich bestellte sie an Auffahrt online bei Interdiscount zu einem Aktionspreis und bezahlte 400 Franken in Gutscheinen sowie den Restbetrag von 18.50 Franken per Twint.» Auf der Rechnung waren 8.20 Franken für die Transportversicherung ausgewiesen.
Am Montag, 2. Juni, lieferte DPD ihr das Paket pünktlich nach Andelfingen. Der Lieferwagenfahrer sagte, ihre Unterschrift sei nicht nötig. Beim Öffnen fand Sarida Götz statt der bezahlten Smartwatch eine Packung Gottlieber Hüppen – etwa gleich gross und schwer, aber rund 50-mal weniger wert als die bestellte Uhr. Sarida Götz fand an den knusprigen Spezialitäten keinen Genuss. Und wenn sie damals schon gewusst hätte, wie mühsam es würde, zu ihrem Recht zu kommen, hätte sie in jener Nacht wohl schlecht geschlafen.
Exakte Kopie ihrer Story am Radio
Später, als sie schon wochenlang mit der leidigen Sache beschäftigt war, erlebte Sarida Götz am Radio ein Déjà -vu: In der Konsumentenschutzsendung Espresso von SRF 1 wurde ihr bis ins Detail ihre eigene Geschichte erzählt – von einer weiteren Andelfingerin namens Andrea Stutz. Dieser Kundin war mit den exakt gleichen Firmen exakt das Gleiche passiert, einzige Abweichung: Bei Andrea Stutz steckten die gefüllten Waffelrollen anstelle eines 800 Franken teuren Handys im Päckli.
Beide Kundinnen reagierten nach der bösen Überraschung gleich – und richtig. Sarida Götz erzählt: «Ich fotografierte das Paket. Es war an der Seite eindeutig aufgeschnitten und wieder zugeklebt worden. Also reklamierte ich bei Interdiscount, bat um Ersatz und machte eine Anzeige bei der Polizei.» Die Verpackung sei gleich zu Ermittlungszwecken dabehalten worden.
Sehr lange Reaktionszeiten
Was Sarida Götz dann mit dem Kundendienst von Interdiscount erlebte, schildert sie als monatelanges Abwimmeln, Hinhalten und Vergraulen. Zwischen ihren Anfragen und den Antworten vergingen jeweils Tage bis Wochen.
Am 11. Juni entschuldigte sich Interdiscount; der Fall werde zusammen mit DPD und der Polizei verfolgt. Die bestellte Uhr sei aber leider nicht mehr an Lager. Ob die Kundin die Nachlieferung abwarten oder lieber eine RĂĽckzahlung per Twint wolle?
Sarida Götz bat tags darauf um die Rückzahlung: Sie hatte sich die Uhr nämlich inzwischen persönlich in der Filiale Frauenfeld besorgt und bar bezahlt, um sie in den Ferien nutzen zu können.
Sechs Tage später erfuhr sie, die Rückzahlung sei ausgelöst worden. Drei Wochen später, am 11. Juli, und nochmals telefonisch am 22. Juli, fragte sie nach, wo das Geld denn bliebe. Sieben Tage brauchte der Kundendienst für die Antwort, der Betrag sei überwiesen und das Dossier geschlossen worden. Sarida Götz checkte nochmals die Twintliste und fand tatsächlich 18.50 Franken – die 400 Franken der Gutscheine waren vergessen gegangen.
Auf ihre Reklamation hin bekam sie am 8. August wiederum Gutscheine angeboten, und am 13. August kamen die Geschenkkarten im Wert von – 40 Franken! Nun hatte sie genug und drohte mit ihrer Rechtsschutzversicherung. Das wirkte. Der Gutschein über die fehlenden 360 Franken kam schnell. Innert eines Jahres müsse sie nun halt nochmals eine grössere Anschaffung bei Interdiscount machen, damit das Guthaben nicht verfalle, sagt sie.
Während des Transports passiert
Aus dem Erlebten schliesst Sarida Götz, dass Einkäufe im Laden für sie die bessere Wahl sind. Sie werde sich so schnell keine teuren Produkte mehr direkt nach Hause liefern lassen, sondern lieber in eine Filiale zur Abholung. Denn auch ihre Annahme, sie sei als geschädigte Kundin für den Diebstahl auf dem Lieferweg bestimmt ersatzberechtigt, erwies sich – trotz der berappten Versicherung – als blauäuig.
Der Kundendienst verwies darauf, das Gerät sei während der Lieferung durch DPD verschwunden, Interdiscount hafte folglich nicht. Hingegen habe Sarida Götz mit dem Klick auf die Bestellbestätigung die Allgemeinen Geschäftsbedingungen akzeptiert, und laut diesen trügen die Kunden die Haftung selbst, sobald das Bestellte auf dem Lieferweg sei.
Eindeutige Parallelen gibt es nun auch bei den Formulierungen der Auskünfte, welche die Radio- und die Zeitungsmacher unabhängig voneinander von den beteiligten Firmen bekommen haben (siehe Kasten unten).
Just während der Arbeit am obigen Bericht über einen Transportdiebstahl traf ein Leserbrief zu einem verwandten Thema ein: betrügerische Bezüge von ungenügend geschützten Konten.
Mit ihrem Leserbrief möchte die geschädigte Person andere Menschen vor vermeidbarem Betrug warnen, selbst aber anonym bleiben. Weil die Digitalisierung des Alltags Kriminellen zahlreiche und immer neue Möglichkeiten eröffnet, druckt die Redaktion den Erfahrungsbericht der ihr namentlich bekannten Person unverändert ab:
«Ich wurde Opfer eines Betrugs über einen gefälschten Tutti-Link und habe viel Geld verloren – trotz Anzeige bei der Polizei und Kontakt zur Bank. Die Antwort der Bank: Ich hätte meine Sorgfaltspflicht verletzt. Ich war überzeugt, dass mir so etwas nie passieren würde. Doch die Betrüger agierten täuschend echt. Nach dem Scannen eines QR-Codes änderten die Betrüger im Hintergrund meine Handynummer – ich erhielt keine SMS-Benachrichtigungen mehr über Kontobewegungen.
Obwohl ich bewusst wenig Geld auf dem betroffenen Konto hatte, waren die Limiten hoch: Tageslimite 4000 Franken, Monatslimite 20'000 Franken und ein Überziehungsrahmen von weiteren 4000 Franken. So konnten die Täter weit über mein Guthaben hinaus abbuchen. Mein Aha-Erlebnis: Ich kannte meine Limiten nicht – obwohl man sie im E-Banking leicht einsehen und ändern kann!
Daher mein Appell an alle ehrlichen Menschen:
- Halten Sie Ihre Konten im E-Banking schlank.
- Reduzieren Sie die Tageslimite.
- Verhindern Sie Ăśberziehungen.
Ich habe daraus gelernt. Heute sind meine Limiten angepasst, Überziehungen nicht mehr möglich, und ich verwalte nicht mehr alle Konten online.
Ich hoffe, nie wieder betrogen zu werden – und wünsche mir, dass mehr Menschen über solche Risiken aufgeklärt werden.»

Transportschäden & Co.: Vor dem Klick ein Blick auf das Kleingedruckte