Weinland

Weniger Bier-Durst, dafür mehr Lust auf Individualität

Heute ist «Tag des Schweizer Bieres». Worauf es beim Bierbrauen ankommt und wie sich der Bierkonsum verändert hat, erklärt GFB-Präsidentin Carole Gröflin.

von Jasmine Beetschen
30. April 2021

«Die Schweiz ist ein Paradies für Bier-geniesserinnen und -geniesser.» Davon ist Carole Gröflin, Präsidentin der Gesellschaft zur Förderung der Biervielfalt (GFB), überzeugt. Zum heutigen «Tag des Schweizer Bieres», der jedes Jahr am 30. April zelebriert wird, zieht sie freudig Bilanz: «Innerhalb von nur rund 30 Jahren stieg die Anzahl an steuerpflichtigen Brauereien in der Schweiz von 32 auf ganze 1212 – diese Entwicklung ist hocherfreulich.»

Und nicht nur die Anzahl an (Klein-)Brauereien habe sich enorm vergrössert, sondern vor allem auch die Individualität. Immer mehr Menschen seien auf den Geschmack gekommen und tüftelten querbeet an alten und neuen Bier-Stilen herum. So könne man in der Schweiz immer wieder neue, unbekannte Biersorten entdecken: «Ein Spass für unsere Geschmacksknospen», meint Carole Gröflin. Beim Biertrinken gehe es nicht nur um den Konsum, sondern vor allem auch um die Geselligkeit. Kleinbrauereien seien wichtig für das lokale Zugehörigkeitsgefühl.

Mehr Kleinbrauereien …
Der Brauverein Stationsbier Dachsen («AZ» vom 14.8.2020) sei ein exemplarisches Beispiel für die Freude am lokalen Bierbrauen. Sein Ziel lautet wie das vieler Hobby-Brauerinnen und -brauer: «Wir wollen Bier brauen, das uns schmeckt.»

Andreas Steinmann vom Verein Stationsbier ergänzt: «Unsere Gesellschaft wird immer individueller. Da gehört vielleicht auch ein eigenes Bier dazu.» Diese Meinung teilt auch Urs Zahner vom Mondlinger Bräu in Flurlingen: «Die Lust auf geschmackliche Abwechslung und Vielfalt ist gestiegen, auch möchte man vermehrt lokal zubereitetes Bier geniessen.» Ein weiterer Faktor sei zudem der soziale Aspekt: Das Brauen sei eine Gelegenheit, um zusammenzukommen. Man findet Kameradschaft, Struktur und eine Aufgabe. Die Pandemie hat das soziale Leben eingeschränkt. «Doch beim Brauen trifft man sich in kleinem Rahmen und macht gleich noch etwas Sinnvolles», findet Andreas Steinmann.

… doch der Konsum geht zurück
Die Pandemie hatte aber auch Auswirkungen auf den Bierkonsum im Allgemeinen. Von Herbst 2019 bis Herbst 2020 ging der Absatz von Bier in der Gastronomie um 23 Prozent zurück. Dafür wurde mehr Bier im Detailhandel gekauft, nämlich 7,6 Prozent mehr, was den Verlust jedoch nicht kompensieren konnte. Insgesamt hätten die Bewohner der Schweiz im vergangenen Braujahr 34 Millionen Stangen Bier weniger getrunken. Der gesamte Absatz schrumpfte um 2,2 Prozent auf 4,6 Millionen Hektoliter.

 «Bier geniesst also noch immer eine grosse Beliebtheit, doch als geselliges Genussmittel hatte es einen schweren Stand in den letzten Monaten», sagt Carole Gröflin. Viele Menschen hätten aber ihre lokalen Brauereien mit Online-Bestellungen oder mit dem Kauf von Gutscheinen unterstützt.

Schön fände sie, wenn sich die aktuelle Entwicklung der Biervielfalt auch in den Restaurants niederschlagen würde. «In der breiten Masse ist das Phänomen, dass es nur eine oder zwei Sorten Bier im Angebot gibt, noch gang und gäbe», so die Präsidentin, die auch als Kolumnistin für das Gastronomie-Magazin «Salz & Pfeffer» tätig ist. Dabei könnten Wirtinnen und Wirte ihre Gäste mit noch mehr Bierstilen viel mehr verwöhnen.

Man könne auf jeden Fall gespannt sein, wie sich die Biervielfalt in der Schweiz noch entwickeln werde. «Für den Moment freuen wir uns aber einfach darauf, wieder vermehrt bei einem guten Bier zusammensitzen und das Gesellige geniessen zu können, und das nicht nur am ‹Tag des Schweizer Bieres›», meint die Bierliebhaberin.

Diverse Brauereien im Weinland

Auch im Weinland wird fleissig Bier gebraut. Im Verzeichnis der steuerpflichtigen Inlandbrauereien, das von der Zollverwaltung geführt wird, sind folgende Brauereien aufgelistet: Brauerei Gambrinus (Feuerthalen), Hopfehüsli Bräu (Uhwiesen), Mondlinger Bräu und Randen Bräu (Flurlingen), Stationsbier (Dachsen), Brauerei Benedix und Restaurant Augarten (Rheinau), Hopfentropfen (Stammheim), UrbenBräu (Unterstammheim), die Kleinbrauerei Trotten-Bräu (Berg am Irchel) und der Brauclub Truttikon. Dazu kommen zahlreiche kleinere Hobby-Brauer, die sich dem Kreieren von individuellem Bier verschrieben haben. (jbe)

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