Kantonsrat

Lockerungen und Schliessungen

von Martin Farner-Brandenberger, Kantonsrat FDP, Oberstammheim
24. Juni 2020

Der Bundesrat erklärt die ausserordentliche Lage für beendet, hält aber die besondere Lage aufrecht und sichert sich so weiterhin erheblichen Interventionsspielraum.

Wie gerne er an seinem freien Schalten und Walten ohne Parlament und Stimmberechtigte festhalten will, zeigt sich unter anderem darin, dass die in den letzten Monaten ergriffenen Massnahmen nun in ein neues Bundesgesetz überführt werden sollen, solange die Covid19-Epidemie andauert. Gleichzeitig zeigt sein Mikromanagement seit dem 27. April mit den nur zögerlichen Lockerungsschritten, dass er möglicherweise Gefallen an diesem autonomen Regieren gefunden hat. Der Gesetzesentwurf überlässt es dem Bundesrat zu definieren, wann die Covid-Epidemie vorbei ist. Zur Erinnerung, die Neuansteckungen verharren seit Wochen unter 30 pro Tag.

Die Zürcher Regierung dagegen ist zur normalen Lage zurückgekehrt. Das ist erfreulich. Zu fordern ist jedoch, dass sich, nachdem die Anläufe im Parlament gescheitert sind, der Kanton Zürich engagiert, damit die noch immer mit Berufsverbot belegten Sektoren weiterhin die nötige Unterstützung erhalten. Konkret: Bis zum 31. August sind sämtliche öffentlichen Veranstaltungen mit mehr als 1000 Personen verboten. Das bedeutet in den meisten Gemeinden keine Jahrmärkte, keine Chilbi. Für die Marktfahrenden heisst dies kein Einkommen während weiteren mindestens zweieinhalb Monaten. Die Erweiterung der Kurzarbeit für Inhaber einer GmbH und die Unterstützung von Selbsterwerbenden sind ab dem 8. Juli aufgehoben. Eine widersprüchliche Anordnung, die vor allem eines zeigt: wie weit die Bundesbehörden von der wirtschaftlichen Realität zahlreicher Unternehmerinnen und Unternehmer entfernt sind.

Der Zürcher Kantonsrat befasst sich im Moment nicht mit den Folgen des Lockdown, sondern mit zwei Themen, die in engem Zusammenhang mit der Bundespolitik stehen. Das Kapitel «Verkehr» im kantonalen Richtplan musste überarbeitet werden, um den Sachplan Infrastruktur Luftfahrt des Bundes widerspruchsfrei abzubilden. Damit werden die raumplanerischen Leitplanken für wichtige Entwicklungsschritte des Flughafens und die Umsetzung von Massnahmen aus der Sicherheitsüberprüfung festgelegt. Im Vordergrund stehen dabei Anpassungen im Hinblick auf einen Betrieb auf den möglicherweise verlängerten Pisten 28 gegen Westen und 32 gegen Norden. Das letzte Wort hat gemäss Flughafengesetz das Zürcher Volk.

Seit Längerem wird diskutiert, wie weit der Basisversorgungsauftrag der Post geht. Bekanntlich wurden in den letzten zwei Jahren zahlreiche Poststellen in den Gemeinden aus betriebswirtschaftlichen Gründen geschlossen. An gewissen Orten war eine Verlegung in den lokalen Lebensmittelladen möglich.

Das ist nicht widerspruchslos hinzunehmen. Die Grundversorgung muss gerade in ländlichen Regionen sichergestellt sein. Eine Standesin­itia­ti­ve verlangte genau dies. Die Mehrheit der vorberatenden Kommission empfahl Zustimmung. Dem folgte der Kantonsrat auch mit meiner Stimme.

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