Sport

«Ich hatte es in den Händen»

Pirmin Werner verpasste an seinen ersten Olympischen Spielen eine Medaille nur ganz knapp. Der Altemer zeigte einen starken Einzelwettkampf, musste sich am Ende aber mit dem undankbaren vierten Platz begnügen.

von Manuel Sackmann
18. Februar 2022

Was für ein Pech: Nachdem der Altemer Skiakrobat letzte Woche mit dem Schweizer Team nur die «Ledermedaille» erreicht hatte, wurde er nun auch im Einzelwettkampf lediglich Vierter. Dabei sah es lange nach Edelmetall aus, zeigte der 22-Jährige am Olympia-Finalwettkampf vom Mittwoch doch eine sehr starke Leistung.

Pirmin Werner nahm den Superfinal der besten sechs Athleten als zweitletzter in Angriff. Die Form stimmte. Hätte er den zu diesem Zeitpunkt zweitplatzierten Oleksandr Abramenko (116,50 Punkte) geschlagen, wäre mindestens Bronze gesichert gewesen. Doch leider gelang sein Back Double-Full-Full-Double-Full (dreifacher Salto mit fünffacher Schraube) nicht optimal. Auch bei der Landung kam es zu Punktabzügen. «Ich habe den Absprung leider nicht gut erwischt und musste den Sprung danach in der Luft etwas durchwürgen», sagte er im Interview mit SRF. «Zum Glück konnte ich ihn noch landen.» Bewertet wurde der Sprung mit 111,50 Punkten, was Zwischenrang drei bedeutete. Und so begann das grosse Bibbern.

Denn einer stand noch oben: Ilia Burov. Der Russe wusste, dass ihm ein sicherer Sprung wohl genügen würde, und reduzierte deshalb das Risiko. Prompt setzte sich der Olympia-Bronzemedaillengewinner von 2018 mit 114,93 Punkten noch knapp vor Pirmin Werner. Dem Altemer blieb damit nur der undankbare vierte Platz. «Ich hatte es in meinen Händen und schaffte es nicht», so der 22-Jährige konsterniert. «Aber jetzt ist es so, und ich kann momentan nichts ändern.» Seine Enttäuschung brachte er mit einem Satz auf den Punkt: «Vierter ist Vierter.»

Ein medaillenwĂĽrdiger Sprung
Hätten die Athleten ihre Punktzahl aus den ersten beiden Finalrunden in den Superfinal mitnehmen können, hätte der Weinländer eine Medaille geholt. Denn als fünfter Athlet in den Wettkampf gestartet, wusste er bei seinem ersten Sprung sogleich zu überzeugen. Die 126,24 Punkte bedeuteten Zwischenrang eins, womit er eine Platzierung unter den ersten sechs Athleten und die Qualifikation für den Superfinal praktisch auf sicher hatte. Bei seinem zweiten Sprung musste er nicht mehr volles Risiko gehen. Anders der spätere Bronzegewinner Ilia Burov. Mit einem starken zweiten Sprung konnte sich dieser mit 129,50 Punkten noch vom elften und vorletzten Rang auf den Spitzenrang verbessern und sich als Einziger am Schweizer vorbeischieben.

«Es geht erst im dritten Sprung um die Medaillen», so Pirmin Werner. In den ersten zwei Durchgängen müsse man einfach «durchkommen», was ihm gut gelungen sei. Im Superfinal hatte die bisher erreichte Punktzahl dann keine Bedeutung mehr. Für alle qualifizierten Athleten ging es nochmals von null los. Entscheiden sollte ein einziger abschliessender Sprung. Gold ging an den chinesischen Topfavoriten Qi Guangpu (129,00 Punkte). Dahinter wäre aber noch alles möglich gewesen, als Pirmin Werner zu seinem letzten Sprung ansetzte, erst recht, nachdem mit dem US-Amerikaner Christopher Lillis ein weiterer Medaillenkandidat gestürzt war. Doch das Glück war dem Altemer eben nicht hold. Wie schon im zweiten Durchgang musste er sich noch von Ilia Burov überholen lassen.

Positives mitnehmen
Ein vierter Platz mit nur knapp 3,50 Punkten Rückstand auf Bronze an seinen ersten Olympischen Spielen ist für Pirmin Werner zwar undankbar, aber dennoch eine sehr starke Leistung. Er bewies einmal mehr, dass er zu den weltweit Besten seines Fachs gehört und auch an Grossanlässen um den Sieg kämpfen kann. Das weiss er auch selbst. Er werde bestimmt viel Positives aus Peking mitnehmen, bestätigte er im Interview – auch wenn momentan die Enttäuschung über die verpasste Medaille noch klar überwiege.

Anders als Pirmin Werner konnten einige Mitfavoriten die Erwartungen nicht erfüllen. So verpasste mit Jia Zongyang eine der zwei chinesischen Goldhoffnungen als Siebter den Einzug in den Superfinal. Und auch der zweite Schweizer, Noé Roth, musste sich nach zwei Sprüngen verabschieden. Als Achter gewann er immerhin ein Olympisches Diplom.

Die grösste Überraschung hatte sich aber zuvor ereignet: Maxim Burov, der Bru­der von Ilia, trat am Mittwoch gar nicht zu den ersten beiden Finaldurchgängen an. Er war schon am Dienstag in der Qualifikation hängen geblieben. Dies, nachdem er in den letzten zwei Jahren praktisch alle Wettkämpfe hatte gewinnen können, zu denen er angetreten war.

Kaum war der Wettkampf beendet, ging es fĂĽr Pirmin Werner bereits auf die Heimreise. Er ist heute Freitag in ZĂĽrich gelandet und danach in Alten offiziell empfangen worden.

War dieser Artikel lesenswert?

Zur Startseite

Zeitung Online lesen Zum E-Paper

Folgen Sie uns