Weinland

Urnengänge stützen Entscheide von Gemeindeversammlungen

Direkt haben die Nein-Mehrheiten in Feuerthalen zu Tempo 30 und in Henggart zum Begegnungsplatz nichts miteinander zu tun. Aber es gibt eine Parallele: Bereits an den jeweiligen Gemeindeversammlungen wurden die Anliegen abgelehnt.

von Roland Spalinger/Jasmine Beetschen
21. November 2023

An Gemeindeversammlungen sind die Stimmbeteiligungen selten hoch. Um Geschäfte von einer grösseren Anzahl von Stimmberechtigten beurteilen zu lassen, kann ein Drittel der Anwesenden verlangen, dass über einen Beschluss nachträglich an der Urne abgestimmt wird (Art. 10, Abs. 1 Gemeindeordnung). Das war diesen Sommer in Henggart und Feuerthalen der Fall.

Rote Karte für grünes Herz
In Henggart betraf es den Kredit von 600'000 Franken für einen Spiel- und Begegnungsplatz im Zen­trum. Das Thema mobilisierte im Juni 230 Stimmberechtigte zur Teilnahme an der Gemeindeversammlung. Jedoch wurde das Projekt «grünes Herz von Henggart» des Gemeinderats damals mit 125:91 Stimmen abgelehnt. 97 Stimmberechtigte unterstützten danach den Antrag, eine Urnenabstimmung zu verlangen.

Am Sonntag nun versenkte der Souverän das Anliegen mit einer knappen Zweidrittelmehrheit. 332 Ja- stehen 553 Nein-Stimmen (62,5 Prozent) gegenüber. 52,43 Prozent gingen an die Urne. Gemeindepräsident Andreas Wyler ist zumindest froh über das klare Resultat. Nun könnten die Pläne im Archivkeller verschwinden, sagt er.

Keine Alternative
Im Vorfeld der Gemeindeversammlung war nicht das Projekt an sich kritisiert worden, sondern der Standort an der Hinterdorfstrasse. Mit einem Flugblatt war der Platz hinter dem Werkgebäude vorgeschlagen worden. Auf einem ähnlichen Flugblatt, das kurz vor dem Urnengang verteilt und von 28 Personen unterzeichnet worden war, war diese Rochade erneut erwähnt. Doch dies war und ist für den Gemeinderat keine Alternative. Die Parzelle Hinterdorfstrasse eigne sich aufgrund ihrer Grösse nicht für Alterswohnungen, angedacht und im Fokus dafür stünden die 12'000 Quadratmeter beim Werkgebäude. Keine Option seien Gemeindeflächen beim Friedhof und bei den Familiengärten beim Kreisel.

«Die Standortfrage ist überflüssig», sagt Andreas Wyler. Für ihren Vorschlag im Dorfzentrum sei anscheinend kein Bedürfnis da, «das nehmen wir zur Kenntnis.» Ein Spiel- und Begegnungsplatz war seinerzeit im Workshop «Profil-g» (g für gewaltfrei) als Wunsch formuliert und weiterverfolgt worden. Nun sei demokratisch und mit einer Beteiligung von über 50 Prozent repräsentativ entschieden worden, dass dem nicht so sei.

Nein zu Tempo 30 überrascht nicht
Tempo 30, ein Thema, das beschäftigt. Nach zahlreichen Anläufen lehnte Feuerthalen den Kredit von 229'000 Franken für das Konzept erneut ab. Im Juni an der Gemeindeversammlung waren es 118 Nein zu 87 Ja gewesen, an der Urne am Sonntag sprach sich das Volk mit 687 Nein zu 499 Ja gegen die Vorlage aus; dazwischen hatte sich auch das Verwaltungsgericht mit der Abstimmung befasst, weil die Urnenabstimmung vom RPK-Präsidenten angestossen worden war, was rechtlich zulässig ist.

Vom Resultat vom Sonntag sei der Gemeinderat nicht überrascht, sagt Präsident Jürg Grau auf Anfrage. Die Gegner hätten im Vorfeld stark mobilisiert, «der Widerstand war gross». Bedauerlich findet er die Ablehnung vor allem für Eltern und Kinder.

«Der Wunsch nach Tempo 30 wurde dem Gemeinderat aus mehreren Ortsteilen zugetragen, woraufhin wir mit der Kantonspolizei und Experten ein umfassendes Konzept erarbeitet haben. Doch die Mehrheit hat sich dagegen entschieden, das ist Demokratie.»

Von insgesamt 2323 Stimmberechtigten in Feuerthalen machten 1213 Personen von ihrem Stimmrecht Gebrauch. Doch trotz Ablehnung sieht Jürg Grau die Abstimmung positiv: Die Stimmbeteiligung lag mit 51,4 Prozent so hoch wie selten. «Dies zeigt, dass sich unsere Einwohnerinnen und Einwohner für Themen einsetzen und ihre Stimme fürs Dorf nutzen. Das ist erfreulich.»

Weitere Schritte in Richtung Tempo 30 seien nicht geplant. Der Fokus liege nun vorerst auf anderen Dringlichkeiten wie beispielsweise auf der anstehenden Gemeindeversammlung diesen Freitag. Dort wird auch die Einzelin­itia­ti­ve von Paul Amsler zur Abstimmung kommen (AZ vom 24.10.2023) «Diese könnte einen grossen Einfluss auf die laufende Teilrevision der Richt- und Nutzungsplanung haben», sagt Jürg Grau. «Dar­auf wollen wir uns vorerst konzentrieren.»

Zweckverband AWH erhält neue Statuten

Region: Mit dem Ja zu den revidierten Zweckverbandsstatuten des Alterswohnheims Flaachtal ist  der Weg frei für weitere Schritte.

Die Totalrevision der Zweckverbandsstatuten des Alterswohnheims Flaachtal wurde von allen sechs zugehörigen Gemeinden (Berg und Buch am Irchel, Dorf, Flaach, Henggart und Volken) klar angenommen. Den höchsten Ja-Stimmenanteil lieferte Berg am Irchel mit mehr als 90 Prozent, den niedrigsten Buch am Irchel mit 82,5 Prozent. Letzteres mag daran liegen, dass die dortige Rechnungsprüfungskommission (RPK) als einzige der zwölf beteiligten Behörden (Gemeinderäte und RPKs) eine Nein-Empfehlung ausgesprochen hatte.

Diese Empfehlung beruhte auf der erhöhten Finanzkompetenz des Verbandsvorstands. Neu kann dieser einmalige Ausgaben von bis zu zwei Millionen Franken und wiederkehrende bis 300'000 Franken bewilligen. Diese Anpassung orientiert sich an jener des Zen­trums für Pflege und Betreuung Weinland in Mar­tha­len. Ansonsten wurde bei der Ausarbeitung eine kantonale Mustervorlage als Basis herangezogen. Neu kann der Zweckverband auch selbst Abstimmungen durchführen. Dies oblag bisher den Gemeinden (AZ vom 24.10.2023).

Die Totalrevision der Statuten ist nötig, da Zweckverbände gemäss Gemeindegesetz verpflichtet sind, einen eigenen Finanzhaushalt zu führen.

Lange Zeit war eine Rechtsformänderung in eine gemeinnützige Aktiengesellschaft das Ziel des Zweckverbandsvorstands des Alterswohnheims Flaachtal gewesen, weshalb eine Statutenanpassung aufgeschoben wurde. Vor einem Jahr scheiterte die Abstimmung in den zugehörigen sechs Gemeinden am Nein der Dorfemer Stimmbürger (AZ vom 29.11.2022). Eine vorherige Abstimmung dazu war vom Verwaltungsgericht für ungültig erklärt worden, weil Formfehler begangen worden waren (AZ vom 15.6.2021).

Die neuen Statuten sollen ab 1. Januar 2024 in Kraft treten. Danach wird sich der Verbandsvorstand mit der Planung einer Sanierung des in die Jahre gekommenen Alterswohnheims beschäftigen, die dringend nötig ist. Dies nicht nur, um heutigen Standards wie einer Dusche im Zimmer und Einzelzimmern zu genügen, sondern auch, um eine Sanierung der maroden Bausubstanz durch Fensterersatz und Isolationen in die Wege zu leiten. Dies liegt jetzt im Aufgabenbereich des neuen Verbandspräsidenten Daniel Sieber, der im September das Amt übernommen hat. (cs)

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