Weinland

Ein grosser Schritt

Seit Mittwoch hat die «Andelfinger Zeitung» einen Internetauftritt, der diesen Namen auch verdient. Verlegerin Julia Akeret macht damit einen ähnlich grossen Schritt wie ihre Vorgänger

von Roland Spalinger
22. Juni 2018

Martin Farner fasste die Medienlandschaft in einem Satz zusammen: «Medien machen Druck, sind unter Druck und werden – noch – gedruckt», so der FDP-Kantonsrat und Gemeindepräsident von Oberstammheim. Grosse Verlage versuchten, den Verlust an Printlesern mit Online-Angeboten aufzufangen. Die «Andelfinger Zeitung» hat sich diesbezüglich bisher vornehm zurückgehalten.

Bis jetzt. Am Mittwoch präsentierte Verlegerin Julia Akeret auf Schloss Laufen die neue Internetseite und das im Abopreis inbegriffene E-Paper. «Jede Generation Akeret ist technisch mit der Zeit gegangen», sagte sie vor rund 130 geladenen Gästen. Ihr Urgrossvater machte 1864 aus dem «Anzeiger von Andelfingen» die «Andelfinger Zeitung», ihr Grossvater und dessen Geschwister führten fünf Zeitungen im Kanton, dar­un­ter den «Zürcher Unterländer». Und in die 40-jährige Zeit ihres Vaters Karl kam der Umbruch von Blei- auf Fotosatz.

Julia Akeret übernahm 2002 die Leitung der «Andelfinger Zeitung» und brachte Farben ins Blatt. Und heute sei es Zeit für den nächsten Schritt. Als vierte Generation Akeret bringt sie die Lokalzeitung ins Netz und in die sozialen Netzwerke – also dorthin, wo sich auch Leserinnen und Leser bewegen.

Glaubwürdig und eine Perle
In Sachen Glaubwürdigkeit geniessen gedruckte Zeitungen ein hohes Ansehen. Sie seien sogar «die Nummer eins bei der Meinungsbildung», sagte Andreas Häuptli, Geschäftsführer des Verbands Schweizer Medien. 90 Prozent der Stimmenden würden sich vor Urnengängen, auch regionalen, über Zeitungen informieren. Das Abstimmungsbüchlein kommt auf 86 Prozent. Auch Inserate fänden eine hohe Beachtung, sagte er. Diese würden als Teil der Zeitung akzeptiert und auch als Information wahrgenommen.

Die «Andelfinger Zeitung» sei eine Perle, der Sorge getragen werden müsse, sagte Andreas Häuptli. Auch Martin Farner hatte die Bedeutung der Lokalzeitung betont, die «ein Muss für jeden Haushalt im Bezirk» sei. «Dort liest man, was anderswo schon längst keinen Platz mehr hat.» Nun freue er sich, dies zu tun, wo immer auf dem Globus er sich befinde.

«Wir haben viele Komplimente erhalten»


Frau Akeret, die «Andelfinger Zeitung» liess sich Zeit mit einem Online-Auftritt. War­um folgt jetzt dieser Schritt?
Julia Akeret: Auch eine kleine Lokalzeitung muss sich den Herausforderungen stellen und sich fragen, wie sie einen grösseren Leserkreis ansprechen kann.

Und Ihre Antwort ist?
Es ist ein zusätzliches, attraktives Angebot, das wir unserern Leserinnen und Lesern zur Verfügung stellen. Dank dem E-Paper können Abonnentinnen und Abonnenten die Zeitung schon am Morgen im Zug oder irgendwo auf der Welt lesen und müssen nicht mehr warten, bis die Post die gedruckte Zeitung bringt – wobei die Printausgabe unser wichtigstes Format bleibt!

Und doch ging es lange.
Wenn wir etwas machen, wollen wir es richtig machen. Wir mussten entscheiden, welche Bereiche offen zugänglich sein sollen, wo wir eine Bezahlschranke haben und wie wir mit den amtlichen Anzeigen verfahren möchten. Die neue Homepage brauchte daher tatsächlich Zeit, ist meines Erachtens aber sehr gelungen und technisch auf dem neusten Stand.

Wen sprechen Sie an?
Alle, die an einer unabhängigen Zeitung in der Region Zürcher Weinland interessiert sind. Das Resultat liegt nun vor und kommt hoffentlich gut an.

Welche Hoffnungen setzen Sie in das neue Angebot?
Ich wünsche mir, dass die «Andelfinger Zeitung», gedruckt oder elektronisch, den Rückhalt der Bevölkerung spürt, diese die Bedeutung der Zeitung für die Region erkennt und ihr das Überleben sichert. Nur ein Zusammenspiel beider Seiten ermöglicht es uns, die Zeitung in dieser Form weiterzuführen und dem Weinland eine Stimme zu geben.

Von den Gemeinden wünsche ich mir, dass sie die Zeitung, die ein Bringmedium ist, als amtliches Publikationsorgan nutzen und damit auch dem lokalen Gewerbe Sorge tragen. Eine eigene Zeitung trägt zur Identität und zum Verständnis einer Region bei. Wir informieren nicht nur, wir verbinden und vernetzen Leute, das ist eine schöne Aufgabe, die wir noch lange unabhängig tun wollen.

Wie waren die Reaktionen?
Wir haben viele Komplimente erhalten – für unseren gelungenen Anlass und unseren Auftritt, der authentisch sei, für die schöne und moderne Webseite und den Mut für den Schritt in die richtige Richtung. Auch die Geschichte der Zeitung wurde einigen wieder präsent, sie betonten deren Bedeutung und dass es sie braucht. Das hat mich sehr gefreut. (az)

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