Weinland

Eine Weinländer Gemeinde sammelt Ganzglas – noch

Wie von der Kewy empfohlen verschwindet die Sammlung von Glasflaschen. Die Firma Vetrum zeigt ein gewisses Verständnis für den Weinländer Entscheid – bezüglich Ökologie hält sie aber entschieden dagegen.

von Roland Spalinger
03. August 2023

«Ein Auslaufmodell» – so bezeichnete Daniel Fehr, Präsident der Weinländer Kehrichtorganisation Kewy, die Sammlung von Ganzglas (AZ vom 4.11.2022). Nur noch wenige Gemeinden würden ganze Weinflaschen entgegennehmen. Und eignen würden sich sowieso ausschliesslich Schweizer Fabrikate, sagte er an der Delegiertenversammlung. Damals sammelten noch 16 (von 20) Kewy-Gemeinden (Bezirk Andelfingen ohne Feuerthalen und Flurlingen) Ganzglas.

An der nächsten Versammlung im Mai wurde der Aufruf wiederholt. Da waren es noch 5 der nach der Fusion Andelfingen mittlerweile noch 18 Verbandsgemeinden, die ganze Flaschen sammelten. Und nun ist es nur noch Stammheim – Flaach, Kleinandelfingen (alle Ortsteile), Ossingen und Truttikon haben die Verträge mittlerweile gekündigt. In Alten zum Beispiel wurde das Gitter bereits entfernt. Eine Ganzglassammelstelle sei nicht mehr zeitgemäss, hiess es jüngst im Kleinandelfinger Mitteilungsblatt. Die dadurch mögliche Energieeinsparung sei vernachlässigbar.

Dies schreibt auch der Gemeinderat Truttikon und verweist darauf, dass ein Bündner Transportunternehmen die Gebinde geholt und 80 Kilometer zur Firma Vetrum nach Wettswil am Albis gekarrt habe – mit einem «uralten LKW, der keine der heute üblichen Umweltnormen erfüllt», wie im Protokoll der Kewy-Versammlung vom November 2022 vermerkt ist. Zudem entspreche nur ein Bruchteil der deponierten Flaschen den Anforderungen und eigne sich für die Wiederverwendung. Ausländische Flaschen würden auch dort der Bruchglassammlung zugeführt.

Vetrum: «Komischer Zeitpunkt»
Auch in Stammheim könnte die Zeit des Sammelgitters gezählt sein. Ein Verzicht sei bei ihnen ein Thema, sagt die zuständige Gemeinderätin Ilona Diriwächter auf Anfrage. Erste Abklärungen habe sie bereits getroffen, nach den Sommerferien werde sie da weitermachen.

Nicht zeitgemäss und unökologisch – bei der Firma Vetrum wehrt sich Inhaber und Geschäftsführer Samuel Laubi entschieden gegen Zweites. Mit ihrem Wasch- und Sortiercenter für die Wiederverwendung von Glasflaschen leiste sie einen wichtigen Beitrag zur Schonung der Umwelt.

Die Wiederverwendung von Glasflaschen sei ökologisch sinnvoll, sagt er. Gemäss einer Studie aus dem Jahr 2017 schliesse sie von allen möglichen Varianten am besten ab. Und dies sogar, wenn die Wiederverwendungsquote im Gitter bei 25 Prozent liege; als Vetrum damit anfing, lag die Quote bei 70 bis 80 Prozent und deutlich höher, die Sortenvielfalt der Flaschen war damals aber auch deutlich geringer.

Verlust der Kewy «tut weh»
Bei den Sammelgittern aus dem Weinland betrage die Ausbeute ein Drittel und liege damit ĂĽber dem fĂĽr die Wiederverwendung lohnenswerten Viertel. Er schliesst daraus, dass im Weinbaugebiet lokaler getrunken wird als andernorts.

Der Verlust der wichtigen und guten Kewy-Region tue weh und habe sie auch auf dem linken Fuss erwischt, sagt Samuel Laubi. Aber noch heute dünkt ihn der Entscheid nur einen Monat nach dem mit 89 Prozent deutlichen Ja des Zürcher Stimmvolks zur Kreislauf-Initiative im September 2022 auch komisch. Das sei doch genau das Thema, findet er und sieht sich darin bestätigt, weil die Nachfrage bei ihnen nach Waschglas in den vergangenen Monaten sprunghaft angestiegen sei. «Der Trend zur Wiederverwendung von Glas zeigt wieder nach oben.»

Gegen einen gefällten Entscheid zu argumentieren, wäre aber schwierig gewesen. Und der Zweckverband habe darauf verzichtet, sie vorgängig über die Entwicklung zu informieren, bedauert Samuel Laubi.

Verständnis für Platzprobleme
Ökonomisch sei die Ganzglassammlung komplex und berge Potenzial für Verbesserungen, räumt Samuel Laubi ein. Und er meint nicht den kritisierten LKW. Dieser sei ein Spezialgefährt, bei einem Ersatz müsste auch die graue Energie berücksichtigt werden.

Vielmehr meint er die Platzsituationen bei Sammelstellen mit wachsenden Fraktionen wie Kaffeekapseln oder neu Plastik, dessen Nutzen in der Bevölkerung höher gewichtet werde, obwohl umstritten. Beim Glas stünden die Gitter zudem im Widerspruch zu den Unterflurcontainern und trügen ebenfalls zum Rückgang der Mengen der Ganzglassammlung bei.

Am besten wäre laut ihm ein Kreislaufsystem ohne Umweg über eine Sammelstelle. Und nötig sind einheitliche Gebinde für die automatisierte Abfüllung. Bei den Halbliterflaschen ist die Wiederverwendung verbreiteter als bei den 7,5-Deziliter-Flaschen, bei denen mehr Gewicht auf das Erscheinungsbild gelegt wird.

Noch eine GlashĂĽtte in der Schweiz
Bruchglas wird in der Schweiz laut Samuel Laubi nur noch in der Glashütte in der Nähe von Genf verarbeitet. Und zwei Drittel des in der Schweiz gesammelten Glases werde exportiert. Und noch eine Zahl: In der Öko-Bilanz einer Flasche Wein mache das Glas 40 Prozent des CO2-Verbrauchs aus. Sei die Flasche ein Kilo schwer, entspreche die Produktion dem Verbrauch von bis zu drei Dezilitern Öl.

Nach wie vor wird in den Kewy-Gemeinden Bruchglas gesammelt. 2022 waren es 751 Tonnen, Ganzglas machte 177 Tonnen aus, Kehricht 5107, Alu/Weissblech 53 Tonnen. Neu kann im ganzen Verbandsgebiet Haushaltkunststoff abgegeben werden, die Kewy hat dazu eigene Säcke lanciert. In Truttikon blieb der Platz in der Wertstoffsammelstelle also nicht frei, sondern wurde für den Plastik benötigt, wie es im Mitteilungsblatt heisst.

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