Weinland

Lieber Fussball statt Fasni

Leonie Forster ist das erste Mädchen, das bei den Fasnibuben mitmacht. Oder mitmachte. Nach Terminkollisionen überlegte die aufgeweckte 15-Jährige nicht lange: Fussball ist ihr wichtiger als der Brauch.

von Roland Spalinger
25. Februar 2022

Der Turm auf dem Fasniplatz oberhalb von Oberstammheim wächst. Gut 14 Meter hoch ist er bereits, wenn die Spitze noch fertig geformt ist, sollen es 15 sein. In ihrem letzten Jahr wollten sie «noch etwas Rechtes» hinstellen, sagen Fasni-Chef Elias und Tim, die zum vierten und zweiten Mal dabei sind beim traditionellen Bau des Fasnachtsfeuers.

Begonnen haben sie am 9. Oktober. Mit dabei war da auch Leonie Forster. Als erstes Mädchen in Oberstammheim wagte sie den Schritt in die Bubendomäne. Während Jungs von der 6. Klasse bis zur 3. Sek selber entscheiden, ob sie mitmachen wollen – okay, man wisse, wer anpacken könne, erzählen sie –, müssen Mädchen mit den Chefs reden.

Zeit fĂĽr eine Ă–ffnung
Das tat Leonie Forster. Sie fand eine Öffnung aber auch an der Zeit, zumal die 3. Sek aktuell ein starker Mädchenjahrgang sei. Ihre Kollegin konnte sie jedoch nicht überzeugen, es ihr gleichzutun, was aber ganz im Sinne von Tim war. Bei den Fasnibuben wollte er seine Freundin nicht unbedingt dabeihaben, auch wenn er den gendergerechten Ausdruck «Fasnileute» verwendet.

«Ich habe nie Fasnileute gesagt», insistiert Elias. Und dass sie nunmehr wieder bloss Fasnibuben sind, ist für ihn ganz in Ordnung, auch wenn er mit Leonie keine Probleme zu haben scheint. Von Spannung ist an diesem Mittwochnachmittag nichts zu spüren, obwohl Leonie nach Meinungsverschiedenheiten innerhalb der zehnköpfigen Truppe wieder aufhörte und nur noch selten zum Platz hoch geht.

Grund der Differenzen war, dass sie sich nicht jeden Mittwochnachmittag und Samstag Zeit fĂĽr die Tradition nehmen konnte oder wollte. Ihre Tage sind auch ohne Fasnitermine gut gefĂĽllt. Am Donnerstag hat sie Konf-Unterricht, an den anderen Tagen Training oder Matches. Leonie Forster spielt Fussball.

Aufwand unterschätzt
Das wusste sie aber bereits, als sie sich den Fasnibuben anschloss, gibt sie zu. Sie habe den Aufwand unterschätzt und gedacht, es passe schon noch rein. «Das ist aber eher nichts geworden.» Und beim Fussball Abstriche machen? «Das war keine Option.»

Fussball spielt die Schülerin der 3. Sek, seit sie sechs Jahre alt war. Ihr Bruder habe einen Bruder gewollt, um zu tschutten, und dann sei halt sie gekommen, sagt die 15-Jährige und hebt die Schultern. Die Frühförderung scheint sich zu lohnen. Beim FC Stammheim kickt sie (mit einem anderen Mädchen) bei den C-Junioren, bei den Grasshoppers in einem U15-Mädchenteam. Sie schnupperte auch in Diessenhofen und in Winterthur, entschied sich dann aber für Zürich.

Vom Weg her mache es keinen gros­sen Unterschied, findet sie. Bei GC überzeugte die Verteidigerin der Leistungsgedanke – «ich will mich for­dern» – und der Einsatz. Denn körperlich gehe es da zur Sache und werde nicht jedes Einsteigen abgepfiffen. Blaue Flecken gehören für Leonie Forster zu diesem Sport dazu. Sie will Spass haben, aber auch weiterkommen. Ziel sei die Schweizer Nationalmannschaft.

Ins Ausland oder in die Lehre
Nach der Schule wird sie Malerin lernen, die Lehrstelle für Sommer 2023 hat sie bereits. Vorher will sie aber noch ein Zwischenjahr an einer Highschool in Kanada einlegen und Englisch lernen. Ob es wegen der Einreiseformalitäten klappt, weiss sie noch nicht definitiv. Möglich sei daher auch ein anderes Land, oder dann fange sie schon diesen Sommer mit der Lehre an.

Auf dem Fasniplatz ist mittlerweile mehr als die Hälfte der Truppe eingetroffen. Der Elan sei schon grösser gewesen, meint Elias. Für ihn und Tim ist es dann auch gut, wenn der 6. März kommt und der Funken angezündet wird. Und der Wächterabend davor, der traditionsgemäss beim Feuer verbracht wird. Nicht nur dann wissen die Eltern nicht alles, was ums Feuer herum abgeht. Oder vielleicht doch – aus der eigenen Erinnerung.

Die drei Feuer werden am Abend des 6. März in Stammheim brennen, in Oberstammheim, Unterstammheim und Guntalingen (dort macht auch ein Mädchen mit). Die Stämme fällen die Fasnibuben selber im Wald, entasten sie, schaffen sie mit Traktoren zum Platz und ziehen sie über angelehnte Stämme, die als Rampen dienen, von Hand hoch. Füllmaterial sind auch Christbäume, die sie nach Weihnachten in den Orten gesammelt haben. Vor dem Fasnachtssonntag gehen sie von Tür zu Tür und sammeln Geld für das Feuerwerk und den Znacht. In Oberstammheim betreibt der Landfrauenverein Stammertal einen Getränkeausschank und verkauft Würste vom Grill.

In Rudolfingen werden wieder spe-zielle Fackeln gebaut.
In Rudolfingen werden wieder spe-zielle Fackeln gebaut. / Archiv
Der Funken der Marthaler Pappenmannli.
Der Funken der Marthaler Pappenmannli. / Roland Spalinger

Die fĂĽnfte Jahreszeit steht vor der TĂĽr

Rheinau, 27. Februar
Ganz ins Wasser fällt die Fasnacht in Rheinau nicht. Zwar finden weder Kinderumzug noch Bööggverbrennung auf der Gotthardwiese Nähe Aquarina statt. Aber die Guggenmusik Chloschter-Chräie wird am 27. Februar unterwegs sein und an vier Orten spielen: 14.30 Uhr auf der Gotthardwiese, 15.30 Uhr vor dem Mehrzweckgebäude, 16.30 Uhr auf der Buckwiese und um 18.30 Uhr auf dem Salmenparkplatz.

Marthalen, 4. bis 6. März
Infos folgen, schreibt die Gugge Chrottepösche auf ihrer Website zu sämtlichen Auftritten im Rahmen der Mar­thaler Fasnacht, die sie selber organisiert. Am Freitagabend, 4. März, geht sie auf Beizentour – den Nachthämperball im «Ochsen» haben auch die Guggen Nüüfermer Truubestampfer und Spectaculus Flaachtal auf dem Programm. Am 5. März stehen der Kindermaskenball (16 Uhr) und der Maskenball (20 Uhr) an, beide bei der Landihalle. Und am Sonntag (20 Uhr) wird das Feuer der Pappenmannli auf dem Lindenhof angezündet.

Stammheim, 6. März
(siehe Beitrag oben)

Rudolfingen, 6. März
In Rudolfingen werden am Sonntag, 6. März, auf dem Hammenberg die speziellen Fackeln aus Föhrenwurzelstöcken angezündet, die tags zuvor gebaut wurden. Sie sind rund 50 Kilogramm schwer und werden durch den Rebberg ins Dorf getragen.

Flaach, 7. März
Am Montag, 7. März, 14.14 Uhr findet in Flaach ein Kindermaskenball statt.

Andelfingen, 12./13. März
«Die Planung für die Andelfinger Fasnacht 2022 ist in vollem Gange!», heisst es auf der Website der Wyland-Gugge Andölfia. Der Bezirkshauptort bildet jeweils den Abschluss der närrischen Tage, heuer am 12./13. März. Weniger zuversichtlich stimmt die Website Andelfinger-fasnacht.ch. Dort ist einzig zu lesen, dass diese Domain «gerade gekauft» wurde. (spa)

War dieser Artikel lesenswert?

Zur Startseite